Archiv: Alleen des Monats 2020

Allee des Monats Dezember 2020 prägt unsere Kulturlandschaft

Ein turbulentes Jahr 2020 geht zu Ende. Viele haben in diesem Jahr die Vielfalt unserer Heimat Niedersachsen neu oder mit ganz anderen Augen entdeckt – und vielleicht auch die Alleen im Lande.
Im Dezember 2020 küren wir die Bäume an der K75 zwischen Nauenburg und Ringelheim im Landkreis Salzgitter als Allee des Monats. So wie diese Allee aus Holländischen Linden, prägen viele Baumreihen das Landschaftsbild unserer Kulturlandschaften.
Was wäre diese Landschaft ohne diese Allee? Selbst im Winter und ohne Blätter prägt sie auf fast zwei Kilometern die monotone Agrarlandschaft. In den durch die intensive Landwirtschaft ausgeräumten Landschaften sind Alleen wichtige und wertvolle Strukturelemente. Ebenso wie Hecken und Feldgehölze, gliedern sie die Landschaft und verbinden Lebensräume. Alleen in derart strukturarmen Flächen senken Windgeschwindigkeiten und verringern so die Winderosion. Je nach Region und den damit einhergehenden Standortbedingungen wie Bodenbeschaffenheit und Klima, wurden die Baumarten zur Pflanzung von Alleen bewusst ausgewählt: Die feuchten Marschböden sind optimale Standorte für Eschen, die sandigen Heideböden für Birken. Zudem wurden oft Obstbaum-Alleen zur Selbstversorgung der Bevölkerung angelegt. So kann anhand der niedersächsischen Alleen immer auch auf die Gesamtheit der Landschaft sowie die Entstehung der jeweilig charakteristischen Kulturlandschaft geschlossen werden.
Auch die Linden an der Kreisstraße 75 erfüllen diese Funktionen und bilden daher eine wertvolle und schützenswerte Allee. Die Bäume bilden im Sommer einen dichten, schattigen grünen Tunnel. Doch auch jetzt im Winter erhebt sich die Allee eindrücklich aus den umgebenden landwirtschaftlichen Flächen und weist den Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern den Weg. Wie auch hier sind Straßenbäume, Baumreihen und Alleen ein prägender Teil unserer Landschaft und sollten, wo es mit der Verkehrssicherheit vereinbar ist, unbedingt für die Zukunft erhalten werden.
Wir wünschen einen geruhsamen Jahresausklang!
Foto: Max Peters/NHB

 

Herbstliche Linden sind Allee des Monats November 2020

Die Allee des Monats November 2020 verbindet seit jeher die Orte Husum und Brokeloh an der K 8 im Landkreis Nienburg/Weser. Die Winter-Linden (Tilia cordata) stehen so dicht beieinander, dass sie  zu jeder Jahreszeit einen beeindruckenden Tunnel bilden. So hat die Allee fast einen geheimnisvollen Charakter, da es unter dem dichten Blätterdach sogar im Sommer duster ist.

Bis 1903 stand eine Birken-Allee vom Rittergut Brokeloh aus in Richtung Husum, die auch zum Gut gehörte. Der baumgesäumte Sandweg führte bis zur Brokeloher Grenze und sollte damals mit Steinen befestigt werden. Doch hierfür musste die Birken-Allee weichen. Eberhard Niemeyer beschrieb in seinem Buch „Die Geschichte des Gutes Brokeloh 1545-1916“ die Entwicklungen rund um das Rittergut Brokeloh und dokumentierte somit auch die Geschichte der Allee: „Durch den Wegfall der beiden Reihen stattlicher Bäume verlor die Gegend ungemein, an der neu hergestellten Fahrstraße hat die Gemeinde aber wieder Birken anpflanzen lassen.“ Diese Neuanpflanzung erfolgte vermutlich um 1910, allerdings wiederum nur bis zur Brokeloher Grenze. Die restliche Strecke bis nach Husum wurde mit Winter-Linden eingefasst. Doch weil Birken nicht so alt werden, sind nur noch sehr wenige erhalten.

Zur damaligen Zeit hatte man durch den Ausbau der Brokeloher Straße, die heutige K 8, einen besseren Anschluss des Ortes Brokeloh an die Bahnstrecke bei Linsburg erwartet, nachdem die ursprünglichen Hoffnungen, direkt ans Gleis angeschlossen zu werden, sich nicht erfüllt hatten.

Für den heutigen Verkehr ist die Straße zu schmal für zwei von einem Mittelstreifen getrennte  Fahrspuren. Der Begegnungsverkehr zwischen Lkw und landwirtschaftlichen Fahrzeugen gestaltet sich schwierig. Teilweise führen die Begegnungen dazu, dass die alten Bäume, die die Fahrbahn seit über 100 Jahren begrenzen, beschädigt werden. Die Anwohner hoffen, dass zukünftig zumindest der Lkw-Verkehr unterbleiben könnte, da es durch die Eröffnung der Nienburger Südumgehung mit dem Südring unnötig ist auf dieser Strecke von Linsburg beziehungsweise Meinkingsburg an der Bundesstraße 6 querab nach Landesbergen an die nächste Bundesstraße, die B 215, zu fahren.

Sabine Lüers-Grulke, Alleenfreundin und Redakteurin des Magazins Land erleben, hatte zur Vervollständigung der Alleen-Geschichte auch Uwe Könemann, Leiter der zuständigen Straßenmeisterei Lemke im Geschäftsbereich Nienburg der niedersächsischen Straßenbauverwaltung, um Mithilfe gebeten: Einer der ältesten Mitarbeiter des Bauhofs konnte sich daran erinnern, dass die Bäume im Jahr seines Arbeitsbeginns, 1958, schon ziemlich dick und umfangreich gewesen seien. Das lässt darauf schließen, dass die Winter-Linden tatsächlich aus der Zeit kurz nach 1910 stammen und  bereits um die 100 Jahre alt sind. Die enge Bepflanzung, der dadurch entstehende beeindruckende Tunnel-Effekt und das hohe Alter der Bäume machen diese Allee zu einer der wertvollsten in Niedersachsen.

 

Fotos: Lotte Niemeyer

Sicher durch die Allee des Monats Oktober 2020

Der Herbst ist da und mit ihm ziehen Wind, Regen und Nebel über das Land. Passend zum aktuellen Wetter zeigt sich die Allee des Monats Oktober 2020 auch bei Regen von ihrer besten Seite.

Die 1.100 m langen Baumreihen aus Sommer-Linden (Tilia platyphyllos) verbinden die Ortschaften Altenberge und Erika im Emsland. Die Allee überzeugt durch ihr homogenes Erscheinungsbild und dem vollständigen Kronenschluss. Das Ast-Gewölbe wirkt wie ein grüner Tunnel, der die Straße durch die Landschaft führt. Besonders bei schlechten Sichtverhältnissen wie Dunkelheit, Regen, Schnee oder Nebel weisen die Alleebäume den Verkehrsteilnehmer*innen so den sicheren Weg. Schon von weitem lässt sich der Straßenverlauf durch die aufragenden Bäume erahnen und so kann die Fahrweise entsprechend angepasst werden. Bei unbekannten Strecken, in weitläufigen oder hügeligen Regionen tragen Alleen somit durch eine vorausschauende Lenkung zur Verkehrssicherheit bei.

Damit diese grüne Verkehrslenkung sowie die anderen positiven Eigenschaften der Alleen, ihr Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und zum Klimaschutz, nicht durch unnötige Unfälle aufgrund unvorsichtiger Fahrweisen in Vergessenheit geraten, weist der Niedersächsische Heimatbund auf die „10 Alleen-Gebote“ des ADAC hin:

1) Bleiben Sie unter 80 km/h, wenn die Bäume sehr dicht am Fahrbahnrand stehen!
2) Gehen Sie vor Kurven auf 60 km/h herunter!
3) Unternehmen Sie keine Überholmanöver, wenn Sie dadurch den Bäumen gefährlich nahe kommen!
4) Vermeiden Sie unbedingt, mit den Rädern in die häufig unbefestigten, weichen Bankette zu geraten!
5) Machen Sie keine scharfen Bremsmanöver auf Pflasterstrecken!
6) Nehmen Sie das Gas weg bei Nässe (nach Regen tropft es noch lange vom Laubdach!), bei Laub und an kalten Tagen! Höchste Rutschgefahr!
7) Bilden Sie kein Hindernis für andere, wenn Sie anhalten! Parken Sie in einem Feldweg!
8) Schalten Sie das Licht an, damit man Ihren Wagen erkennt: Belaubte Alleen können dunkel sein! Achten Sie auf Fußgänger und Radfahrer!
9) Achten Sie besonders in der Morgen- und Abenddämmerung auf Tiere! Die Gefahr von Wildunfällen ist in Alleen besonders groß.
10) Lassen Sie sich nachts nicht durch freie Straßen zum Schnellfahren verleiten! Diese Warnung gilt speziell für jüngere Fahrer. Gerade sie sind oft die Opfer nächtlichen Unfällen mit Bäumen.

Wenn alle Verkehrsteilnehmer*innen mehr auf sich und ihre Mitmenschen achten, können Unfälle mit Aufprall auf Bäumen entscheidend verhindert werden. So können die Alleen auch weiterhin unsere Landschaft bereichern und ihren wertvollen Beitrag zum Naturhaushalt leisten.

 

Foto: Max Peters/NHB

Alleen für den Klimaschutz! – Allee des Monats September 2020

Der rapide fortschreitende Klimawandel gefährdet die Stabilität der Ökosysteme und so auch unsere Umwelt, wie wir sie kennen. Am 25. September findet der sechste Globale Klimastreik der Fridays For Future-Bewegung unter dem Motto „Kein Grad weiter!“ statt, um auf das dringend notwendige politische Handeln und die Einhaltung der Klimaziele aufmerksam zu machen. Auch die Alleen, wie unsere Allee des Monats September 2020 in Lüneburg, stehen beispielhaft für den Klimawandel – einerseits, weil vermehrt auch Straßenbäume durch die veränderten klimatischen Bedingungen, wie Hitze und Trockenheit leiden. Auf der anderen Seite erfüllen sie wichtige Funktionen im Naturhaushalt, die positive Auswirkungen auf das Lokalklima mitbringen. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, über die Alleen als heimisches Natur- und Kulturgut aufzuklären.

Jeder einzelne Baum leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz, sei es durch seine Sauerstoffproduktion oder die Speicherung von CO2. Unsere bewirken jedoch noch mehr für das Lokalklima: Die dicht gewachsenen, schattigen grünen Tunnel schaffen ein Mikroklima, welches kühler und feuchter als die Umgebung ist. Dies ist besonders hinsichtlich der in Zukunft zu erwartenden Hitze- und Trockenperioden entscheidend und freut gleichermaßen Tiere, Pflanzen und Verkehrsteilnehmer*innen. In den ausgeräumten Agrarlandschaften bieten die Baumreihen zudem Windschutz, wodurch die Erosion, also der Bodenabtrag, vermindert werden kann. Außerdem vernetzen Alleen die heutigen mosaikartig zersprengten Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten. Die grünen Verbindungen bieten auch selbst als ökologische Nische wichtigen Lebensraum, besonders für viele Insektenarten.

Viele dieser positiven Eigenschaften sind leider noch nicht ausreichend untersucht und bekannt. Auch fallen Alleen noch immer dem Verkehrsausbau zum Opfer. Es ist unser Ziel den Wert der Alleen stärker in das öffentliche Bewusstsein zu tragen – auch in Gedanken an die Umweltbedingungen zukünftiger Generationen. Diese Allee des Monats steht stellvertretend für das zwischen Kultur und Natur verbindende Element Allee. Auf 210 Metern prägt diese Sommer-Linden-Allee das Stadtbild Lüneburgs, zusammen mit weiteren Baumreihen in den angrenzenden Grünanlagen. Der alleebestandene Graalwall war bis 1889 Teil der Stadtbefestigung und ist heute als Denkmal geschützt. Die bis zu 90 Jahre alten Bäume laden geradezu zum Genuss der besonderen Atmosphäre – und des speziellen Klimas – dieser wertvollen Allee ein.

 

Fotos: Max Peters/NHB

Robinien am Gut Düendorf sind Allee des Monats im August 2020

Die Allee des Monats im August 2020 präsentiert sich als malerische Hofzufahrt am Gut Düendorf bei Wunstorf. Die alten Robinien überzeugen durch ihr homogenes Erscheinungsbild und die durchgängig geschlossenen Baumkronen als eine der wertvollsten Alleen in Niedersachsen. Die Robinie ist zudem Baumart des Jahres 2020.

Die urspürglich aus Nordamerika stammende Baumart Robinia pseudoacacia ist seit dem 17. Jahrhundert in Europa eingebürgert. Der anmutige Wuchs mit den markanten Fiederblättern und dem luftig wirkenden Kronenaufbau verhalf der Robinie zur Anpflanzung in vielen Gartenanlagen und Parks. Die Stiftung „Baum des Jahres“ erklärte die Robinie als Baum des Jahres 2020.

Alle Bestandteile des Baumes sind stark giftig, zur Blütezeit im Mai und Juni ist er dennoch ein wundervoller Anblick. Die intensiv duftende Blüte der Robinie ist wichtig für viele Insektenarten – so auch für die Honigbienen. Mit der Fähigkeit auch unwirtliche Lebensräume zu besiedeln und seiner hohen Toleranz von Schadstoff-Immissionen, erweist sich der Baum des Jahres 2020 als guter Stadt- und Straßenbaum. Für zukünftige Klimaveränderungen ist die Baumart durch ihre Robustheit gegenüber Trockenheit und Hitze gut vorbereitet. Mit ihrem schnell wachsenden, harten Holz ist die Robinie zudem für die Forst- und Holzwirtschaft interessant. Doch wird die Baumart auch kritisch betrachtet, weil sie sich als invasive Art im sensiblen Ökosystem ausbreitet und so Lebensräume heimischer Tier- und Pflanzenarten verändert.

Dennoch zeigen sich die sechzig bis neunzig Jahre alten Robinien am Gut Düendorf bei Wunstorf in der Region Hannover als hervorragende Alleebäume. Die Kronen bilden einen geschlossenen, grünen Tunnel über der Zuwegung zum Gutsgelände. Auf gut 340 m prägt die Allee so eindrücklich das Landschaftsbild und bietet zudem eine bedeutende Bienenweide.

 

Fotos: Ansgar Hoppe

Ein Naturdenkmal in Midlum ist Allee des Monats im Juli 2020

Charakteristische dickwulstige Stämme und unzählige dünne, gerade Äste, die sich zum Himmel recken: Kopfweiden sind ein prägendes Element der Kulturlandschaft an der Wurster Nordseeküste im Landkreis Cuxhaven. In Midlum steht eine 470 Meter lange Kopfweiden-Allee am Weg „Milmer Bosenbüttel“. Sie steht zu Recht als Naturdenkmal unter Schutz und wird im Juli 2020 als „Allee des Monats“ gekürt.

1995 wurden die damals 118 Silber-Weiden der „alten, fast lückenlosen Kopfweidenallee“ aufgrund ihrer „besonderen landschaftsprägenden Wirkung“ als Naturdenkmal (ND-Cux 221) ausgewiesen. Heute sind noch 80 der imposanten und zum Teil bereits über 150 Jahre alten Bäume erhalten und werden aufwendig gepflegt. Mit einem regelmäßigen, radikalen Rückschnitt werden alle Äste und Zweige entfernt, sodass mit der Zeit der markante „Kopf“ entsteht. Das „Schneiteln“ alle drei bis sieben Jahre ist wichtig für den Erhalt der Bäume, da alte Kopfweiden unter dem Gewicht der nachwachsenden Äste auseinander zu brechen drohen. Die Allee in Midlum bekommt von der Gemeinde Wurster Nordseeküste alle drei Jahre einen radikalen Rückschnitt sowie jährliche Pflegeschnitte, um ausreichend Platz für die immer größer werdenden landwirtschaftlichen Fahrzeuge zu schaffen.

Früher war das schnell wachsende Holz der Weiden ein unverzichtbarer Rohstoff: die dünnen, flexiblen Zweige der Silber-Weiden eignen sich ideal für das Flechten von Körben und wurden auch für Geflechte im Fachwerkbau genutzt. Mit sinkender Nachfrage der Weidenruten sank auch das Interesse am Erhalt der Kopfweiden, da die Pflege und Erhalt der Bäume mit einigem Aufwand verbunden ist. So geht die Kulturpflanze in vielen Regionen immer mehr verloren.

Dabei sind die Silber-Weiden als Kopfbäume nicht nur ein lebendes Kulturgut, sie haben auch hohen ökologischen Wert. Die meist hohlen Stämme der älteren Bäume dienen Fledermäusen, Eulen und anderen Vogelarten als Schlaf- und Nistgelegenheit. Die Kätzchen der Silber-Weide bieten im zeitigen Frühjahr zudem die erste Nahrungsquelle für Insekten und Honigbienen.

Die knorrigen, geheimnisvoll wirkenden Kopfweiden der Allee in Midlum sind als typisches Landschaftselement, als Kulturgut und für ihren ökologischen Wert zu Recht als Naturdenkmal geschützt. Um den Wert der Kopfweiden weiß auch Alleenfreundin und Fotografin Beate Ulich aus Wremen: „Es ranken sich unzählige Geschichten über mystische Gestalten wie Feen, Hexen und Geister um die Kopfweiden. Wie überall, ist auch im Landkreis Cuxhaven dieses typische Landschaftselement immer weniger zu finden und deshalb von sehr hohem Schutzwert. Sogar an der ländlich geprägten Wurster Nordseeküste ist die Kopfweide mittlerweile eine Rarität.“ Für den Erhalt der alten Bäume sollte unbedingt an der regelmäßigen Pflege festgehalten werden. Außerdem ist es essentiell für den Fortbestand der Allee, die bereits entstandenen Lücken mit Neupflanzungen zu füllen, um so auch zukünftigen Generationen die historische Bedeutung von Kopf-Weiden für die Region Wurster Nordseeküste nahe zu bringen. Die Gemeinde Wurster Nordseeküste ist sich der Historie der Kopfweiden bewusst. Jenz Hinzmann, stellvertretender Bauhofleiter, betonte: „ Wir achten sehr streng darauf, alle alten Bäume zu erhalten.“ Lücken in der Kopfweiden-Allee würden aufgefüllt und nach dem Bau einer neuen Deichschutzhalle in Padingbüttel sei sogar eine neue Kopfweidenallee angepflanzt worden.

Fotos: Beate Ulich

Radschnellweg in Osnabrück wird begleitet von der Allee des Monats Juni 2020

Passend zum Sommeranfang und damit auch zur Radfahrsaison küren wir im Juni 2020 den Radschnellweg an der Schlachthofstraße in Osnabrück zur Allee des Monats.

Noch sind Radschnellwege eine recht neue Art Verkehrsweg in Deutschland. Besonders Berufspendlern bieten sie für den täglichen Arbeitsweg eine ideale und zugleich gesunde umweltschonende Alternative zum PKW-Individualverkehr. Ausgehend von einer verstärkten Vernetzung des Umlandes mit den Stadtzentren ermöglichen die Schnellwege dabei vor allem ein sicheres und umwegfreies Fahren für Radfahrerinnen und Radfahrer.

Die Stadt Osnabrück verwirklicht mit dem Ausbau ihrer Radweginfrastruktur Ziele ihrer Initiativen „Masterplan Mobilität 2025“ und „Radverkehrsplan 2030“. Als erster Teilabschnitt des geplanten Radschnellwegs Osnabrück – Belm wurde die Strecke entlang der Schlachthofstraße im Mai 2019 in Betrieb genommen. Seitdem haben bereits mehr als 255.000 Fahrräder die installierte Zählstation passiert!

Eine besondere Qualität erhält dieser Radschnellweg dadurch, dass er auf einer Strecke von gut 800 Metern durch eine Allee führt. Unter dem Blätterdach von Rotblühenden Rosskastanien und Silber-Linden fährt es sich gleich viel besser – besonders an heißen Sommertagen. Der Osnabrücker Alleepate Daniel Doerk fasst die Vorteile von Alleen für den Radverkehr auf seinem Blog „it started with a fight..“ zusammen: „In der Regel verbindet man Alleen mit Landstraßen, Autounfällen und Abholzung „aus Sicherheitsgründen“. Es gibt aber auch ein Verkehrsmittel, das sich hervorragend mit dem Kulturgut verträgt: das Fahrrad. Die klassischen Probleme, die Autofahrer mit Bäumen am Straßenrand haben, gibt es beim Radverkehr nämlich nicht. Kein Baum muss gefällt werden, weil die Gefahr besteht, dass Radfahrer an ihm verunglücken. Und kein Baum muss gefällt werden, damit Radfahrer schneller fahren können. Der Radverkehr trägt also zum Erhalt des Kulturguts Alleen bei.“

Der NHB begrüßt die vermehrte Berücksichtigung von Alleen bei der Anlage neuer Radverkehrsrouten sehr. Seit Jahrhunderten prägen unsere Alleen das Landschaftsbild Niedersachsens. Sie sind wertvolles Naturgut, kulturhistorisch bedeutsam und Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche Tiere und Insekten. Zudem vernetzen sie als wichtiges Bindeglied zerschnittene Biotope in der Landschaft. Doch gerade straßenbegleitende Alleen sind aufgrund des Ausbaus von Verkehrswegen und durch fehlende Nachpflanzungen in ihrem Bestand gefährdet. Hier müssen Lösungen und Konzepte für die Vereinbarkeit von Alleen und Verkehrssicherheit entwickelt werden, sodass das Kulturgut Alleen auch für die Zukunft erhalten wird. Dies gilt für neu entstehende Alleen an Radwegen genauso wie für die typischen niedersächsischen Straßenalleen.

Fotos: Daniel Doerk

Bunter Protest in der Allee des Monats Mai 2020

Ursprünglich sollte der 101. Niedersachsentag des Niedersächsischen Heimatbundes e.V. (NHB) in Wildeshausen, Landkreis Oldenburg stattfinden. In der Nachbargemeinde Dötlingen findet sich nun die vom NHB gekürte Allee des Monats im Mai 2020.

Von Osten kommend, werden Besucher von einer eindrucksvollen Allee in die Gemeinde Dötlingen geleitet. An der Iserloyer Straße (K 237) prägen mächtige Rot-Buchen, einige Hänge-Birken und vereinzelte Hainbuchen auf rund 600 m den Ortseingang. Das grüne Einfahrtstor ist ein wertvolles Kulturlandschaftselement und als solches auch ein fester Bestandteil des Heimatbegriffes der Bewohner*innen. Eine Rot-Buchen-Allee ist für Niedersachsen etwas sehr besonders: Von den 2.000 bisher vom NHB kartierten niedersächsischen Alleen sind nur 1,3 {b383dcc7d94cd80ac3dd35ac85432af2d585a6802ca687c27a94fe3d5b4073e7} von Rot-Buchen geprägt. Auch das macht den Baumbestand in Dötlingen erhaltenswert.

Alleen sind ästhetische Landschaftselemente mit zahlreichen naturschutzfachlichen Eigenschaften und prägen seit Jahrhunderten das niedersächsische Landschaftsbild. Sie sind wichtige Elemente der Landschaftsgestaltung, da sie Räume gliedern und beleben. Gerade in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gegenden sind Alleen oft die einzigen strukturgebenden Elemente in der Landschaft. Sie vernetzen wertvolle natürliche Lebensräume und sind selbst Lebensraum für eine artenreiche Insekten- und Vogelfauna. Besonders ältere Bäume, wie die Rotbuchen an der Iserloyer Straße, sind in ihrer Funktion als Lebensraum besonders wertvoll, in der Kulturlandschaft selten geworden und somit schützenswert.

Durch einen geplanten Ausbau der Kreisstraße drohte die Auflösung der Allee. Hier wurde die Identifizierung der Bürger*innen mit Ihrem grünen Ortseingang besonders deutlich: Unter anderem initiierte der NABU Dötlingen-Wildeshausen zusammen mit dem Heimatverein Hockensberg und den Strickfrauen Wildeshausen eine „Urban Knitting“-Aktion. Gestrickte Hände umarmten die Bäume, um auf Ihren drohenden Verlust und den Wert der Allee für die Bewohner*innen aufmerksam zu machen. Marianne Bernhard-Beeskow, Alleepatin und Initiatorin der Urban-Knitting-Aktion, setzt sich stark für den Erhalt der Dötlinger Allee ein: „Die Allee hat als grünes, lebendiges Portal einen unschätzbaren Wert für die Gemeinde Dötlingen. Wir wünschen uns die korrekte Berücksichtigung der Belange der alten Bäume bereits in den Grundlagen der Planung!“ Das Ziel der Planungen müsse unbedingt der Erhalt der Allee sein, da die Rot-Buchen trotz der schwierigen Bedingungen am Straßenrand bereits ein stolzes Alter erreicht hätten und jetzt zunehmend als Habitatbäume an Bedeutung gewinnen. Neben dem unbestreitbaren ökologischen Nutzen von Alleen für die lokale Tierwelt und für das Klima solle auch der ästhetische Aspekt nicht vergessen werden. Wolfgang Pohl, Vertreter des NABU Dötlingen-Wildeshausen macht deutlich: “Gut gepflegte Alleen sind vor allem für Menschen, die sich langsam fortbewegen (zu Fuß oder mit dem Fahrrad), eine wahre Augenweide und ein Dufterlebnis. Schon aus diesem Grunde ist es zu bedauern, dass die Buchenreihe an der Iserloyer Straße um ein Haar ein Opfer kurzsichtiger Planung geworden wäre und auch durch die jetzige Planung in ihrem langfristigen Bestand nach wie vor bedroht wird.“

Dank des Einsatzes der lokalen Akteure konnte der Großteil der Bäume, ihr Lebensraum und damit ein Stück Kulturgut Allee bis heute erhalten werden. Ehrenamtliches Engagement wie hier bei Planungsverfahren führt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für das wertvolle Natur- und Kulturgut Alleen.

 

Foto: Wolfgang Pohl

Blühende Apfelbäume im Heidekreis sind Allee des Monats April 2020

Erste zarte Blüten zeigen sich in unserer Allee des Monats im April 2020, in der Apfelbaumallee an der L 191 zwischen Ahlden und Büchten im Heidekreis.

Die Allee erstreckt sich heute auf einer Länge von gut 1.200 Metern und besteht aus etwa 135 Apfelbäumen unterschiedlichen Alters. Leider weist sie an beiden Seiten der Straße diverse Lücken auf. Ursprünglich wird sie sich jedoch auf der gesamten Länge der Straße zwischen den beiden Nachbarorten Ahlden und Büchten erstreckt haben, denn mit dem Ausbau des Straßennetzes seit dem 18. Jahrhundert wurden verstärkt Obstbaumalleen gepflanzt, um die Transportmöglichkeiten zu nutzen, damit sich die Bevölkerung mit frischem Obst, mit Most und Dörrfrüchten versorgen konnte. Leider lässt sich anhand der Dorfchroniken und des vorliegenden Kartenmaterials das genaue Pflanzjahr nicht feststellen, doch wurde die Allee vermutlich anlässlich des „Tag des Baumes“ Mitte der 50er Jahre angelegt

Als landschaftsprägendes Element ist die historische Apfelbaumallee aus alten, widerstandsfähigen Hochstammsorten wie Celler Dickstiel -auch Krügers Dickstiel genannt, Rheinischer Bohnapfel, Pfannkuchenapfel, Ingrid-Marie und Ontario zu allen Jahreszeiten ein echter Hingucker. Zur Blütezeit ist sie für Wild- und Honigbienen, Hummeln und andere Pollen und Nektar sammelnde Insekten von hoher Bedeutung, sie dient Vögeln und Kleinsäugern als Lebensraum und Nahrungslieferant und spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle für die Vernetzung von Biotopen.

Da Obstbaumalleen in der Region selten geworden sind, ist die grüne Lebensader ein kulturhistorischer und ökologischer Schatz, den es zu bewahren gilt. „Auch die Einheimischen möchten „ihre“ Allee nicht missen“, ist Dr. Antje Oldenburg vom Naturschutzbund Heidekreis e.V. überzeugt und betont, dass zu ihrem Erhalt dringend Nachpflanzungen, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen notwendig sind. Wer Näheres über ihre Entstehungsgeschichte weiß oder alte Aufnahmen in Familienalben findet, wird gebeten, telefonisch (05164-801113) oder per E-Mail (antjeoldenburg@arcor.de) Kontakt aufzunehmen.

 

Fotos: Karl-Heinz Brandt

Esskastanien im Lütetsburger Schlosspark sind Allee des Monats im März 2020

Trotz der aktuell zum Teil schwierigen Zeiten verfolgen wir unser Ziel, einen Schutz für die niedersächsischen Alleen, weiter. Zum Frühlingsanfang küren wir die Esskastanien-Allee im Schlosspark Lütetsburg bei Norden zur Allee des Monats März 2020.

Der größte private Englische Landschaftsgarten Norddeutschlands umgibt auf rund 30 Hektar das Schloss Lütetsburg. Im Schlossgarten finden sich über 150 verschiedene heimische und exotische Pflanzenarten. Am westlichen Rand liegt eine für Niedersachsen einzigartige Allee aus Esskastanien. Die Allee fasst den Landschaftsgarten ein und führt die Besucher in den weitläufigen Park. Auf 240 m Länge säumen die hoch wachsenden Bäume den wunderbaren Spazierweg, auf dem man auch in diesen Zeiten allein, zu zweit oder in der kleinen Familie den Frühling in der Natur genießen kann.
Die aus Süd- und südlichem Mitteleuropa stammende Esskastanie gehört botanisch zu den Buchengewächsen. Sie kann über 500 Jahre alt werden. Neben den schmackhaften Früchten, den Maronen, wird auch das Holz verwendet. Im Weinanbau werden die geraden Äste als Rebpfahl oder für den Fassbau genutzt.

Fotos: Susanne Sander-Seyfert

Winterliche Birken sind Allee des Monats im Januar/Februar 2020

Zum Jahresbeginn küren wir die winterliche Birkenallee an der L283 bei Hohne im Landkreis Celle zur Allee des Monats Januar/Februar 2020.

Bereits im Jahr 1905 beschloss die Gemeinde Hohne den Ausbau einer Straße nach Hohnhorst. In Zusammenarbeit mit dem Landkreis Celle konnte 1911 mit dem Bau der Landstraße begonnen werden. Obwohl die Straße wegen der Wirrungen des Ersten Weltkrieges erst ca. 1932 fertig gestellt wurde, zeigte sich schon früh die Bedeutung der Straße, wie Gerhard Friedrich aus Hohne weiß: „Nach Baubeginn der Straße fingen viele Landbesitzer an, ihre anliegenden Ödländereien zu kultivieren.“ Ob die Feldsteinstraße schon damals von einer Allee begleitet wurde ist jedoch nicht bekannt.

Heute säumen Hänge-Birken (Betulus pendula) und einige Holländische Linden (Tilia x europaea) die nun asphaltierte L283 zwischen Hohnhorst und Hohne. Der Bestand wirkt sehr homogen und geleitet die Straße eindrucksvoll von einer Ortschaft zur anderen. Gerade zur kargen Winterzeit ist besonders gut zu erkennen, wie die strukturgebende Allee die sonst ausgeräumte Agrarlandschaft prägt. Allein deshalb ist diese Birkenallee unbedingt zu schützen und zu erhalten.

Foto: Gerhard Friedrich

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