Wüstung

Merkmale, Morphologie, Typologie:

Wüstungen sind ehemalige, aufgegebene Siedlungen des Mittelalters oder der Neuzeit, die in Wäldern oder im Grünland oft mit bloßem Auge an →Wölbäckern oder ehemaligen →Terrassenäckern, seltener an Hauspodesten oder Ruinenresten zu erkennen sind. Im Ackerland, wo Bodenmerkmale durch den Einsatz schwerer Maschinen zerstört werden, kann eine Konzentration von Siedlungsabfall (insbesondere Keramik wie Topfscherben oder Dachziegel) auf eine ehemalige Siedlung hinweisen. Auch alte Flurkarten und Flurnamen können Hinweise auf Wüstungen geben.

Wüstung Leisenberg, Ldkr. Northeim (Foto: Christian Wiegand)

 
 
 

Brunnenrelikt Wüstung bei Ilhorn, Ldkr. Heidekreis (Foto: Florian Friedrich)

 

Kulturgeschichte:

Das Wüstfallen zahlreicher Orte lässt sich v. a. für das Spätmittelalter in der sogenannten Wüstungsperiode (ca. 1320 – 1450) nachweisen. Stellenweise verschwanden 30 bis 60 der Dörfer, im Hochharz und auf der Hochfläche des Sollings sogar 100. Hauptursachen waren Seuchen wie die Schwarze Pest (1349 – 1353), Agrarkrisen (Verfall der Getreidepreise), Landflucht, Kriege und Fehden und eine Siedlungskonzentration unter grundherrlichem Druck. Zum Teil zogen die überlebenden Bauern von den aufgegebenen Siedlungen in Nachbardörfer und -städte und bewirtschafteten von dort aus ihr Land weiter, wie Flurnamen häufig erkennen lassen.

Vorkommen / Verbreitung:

Besonders häufig sind Wüstungen in fruchtbaren Regionen (Lössböden), wo im Hoch­mit­telalter eine enorme, bis heute nie wieder erreichte Siedlungsdichte bestand.

Erfassung / Gesetzlicher Schutz:

Wüstungen werden nur vereinzelt von den archäologischen Denkmalbehörden erfasst und vom NLD ins Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen. Solche mit landschaftlich sichtbaren Relikten sollten dem NHB gemeldet werden. Hinweise auf Wüstungen geben historischen Urkunden, Flurnamen, Funde im Gelände (z. B. Scherben, Hauspodeste, Wölbäcker unter Wald) oder alte Landkarten (v. a. Verkoppelungskarten).

Literaturtipps: 

Abel (1976), Lienau (1997), Möller (1984), Seedorf & Meyer (1996)