Wassermühle

Merkmale, Morphologie, Typologie:

Mit Wasserkraft betriebene Anlage zum Mahlen von Getreide oder zum Antrieb technischer Anlagen (z. B. Sägewerk, Erzwäsche, Pochhammer). Man unterscheidet Mühlen, bei denen das Wasser über das Mühlrad läuft (oberschlächtig) von mittel- und unterschlächtigen Mühlen, bei denen das Wasser in der Mitte bzw. unterhalb der Mitte auf das Wasserrad trifft. Mögliche Nebenanlagen einer Wassermühle sind:

  • Mühlteich zur Wasserspeicherung
  • Stauwehr zur Regulierung des Wasserstandes
  • Mühlgraben zur Wasserzuleitung (siehe Abb. Kap. 1.4.1). In Tälern folgen Mühlgräben nicht dem steilsten Gefälle, sondern verlaufen am Talrand, um so eine große Fallhöhe des Wassers auf das Mühlrad zu erzielen. In der Ebene kann der Mühlgraben auf einem künstlichen Damm der Mühle zugeführt werden, der sich allmählich „erhebt“, um auf diese Weise die gewünschte Fallhöhe zu erzielen (siehe Abb.).
  • Mühlgang oder Gerenne, eine hölzerne oder steinerne Rinne, die das Wasser von oben auf das Mühlrad fallen lässt,
  • ein künstlich aufgebänkter Mühlgraben, in dem das Wasser über einen Damm o. ä. der Mühle zugeleitet wurde, um eine ausreichende Fallhöhe zu erhalten (v. a. in der Ebene, bei unzureichendem Gefälle)

Wassermühle an der Aschau in Beedenbostel, Ldkr. Celle (Foto: Florian Friedrich)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Mühlgraben Lauenberg, Ldkr. Northeim (Foto: Christian Wiegand)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Mühlenkolk einer ehemaligen Sägemühle, Ldkr. Wittmund (Foto: Axel Heinze)

 
 
 
 
 

Kulturgeschichte:

Wassermühlen wurden in Niedersachsen im 8. und 9. Jh. zum ersten Mal urkundlich erwähnt und sind stellenweise noch heute in Betrieb. Besonders günstig waren wasserreiche Gebiete mit hinreichendem Gefälle. Die schweren Mühlräder wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts oft gegen Turbinen getauscht, die eine höhere Energieausnutzung ermöglichen. Dienten Wasserräder zunächst nur zum Mahlen von Getreide, wurden mit ihnen später auch Blasebälge, Schmiedehämmer und Hammerwerke zur Eisenverhüttung betrieben. Außerdem gab es Sägemühlen, Walkmühlen (Filzherstellung), Lohmühlen (Gerbstoffgewinnung), Ölmühlen, Schrot- und Häck­selmüh­len, Papiermühlen, Pulvermühlen, Mergelmühlen Gipsmühlen und Knochenmühlen u. v. a.

In Mühlregalen war das spezielle Recht von Wasser- und Windmühlen Jahrhunderte lang verankert. Danach oblag es dem Landesherrn den Bau einer Mühle zu genehmigen. Er konnte auch Zwangsmühlen festlegen, deren Benutzung für alle Bauern eines Gebietes obligatorisch war. Erst im 19. Jh. wurden die Beschränkungen aufgehoben (Gewerbefreiheit, Aufhebung der Zwangsmühlen), und Wind- und Wassermühlen nahmen an Zahl stark zu. In den 1950er und 1960er Jahren sind dann die meisten Betriebe still gelegt worden, u. a. begünstigt durch staatliche Prämien (Mühlenstilllegungsgesetz von 1957).

Vorkommen / Verbreitung:

Wassermühlen und ihre wasserbaulichen Anlage sind gemessen an ihrer früheren Häufigkeit selten geworden. Vielerorts sind sie aber noch vorhanden, wenn auch in unterschiedlich gutem Erhaltungszustand.

Erfassung / Gesetzlicher Schutz:

Wassermühlen werden von den Baudenkmalbehörden systematisch erfasst. Oft bleiben dabei ihre wasserbaulichen Anlagen unberücksichtigt. Historische Mühlwehre, Dämme, Mühlteiche, Mühlgräben, Mühlgänge und Gerenne sollten daher dem NHB ge­meldet werden.

Literaturtipps:

Kleeberg (1978), Möl­ler (1984), Weßling (2000)