Niederwald

Merkmale, Morphologie, Typologie:

Ein Niederwald besteht aus Bäumen, die aufgrund fortgesetzten Schneidens und Wiederaustreibens besonders markant gewachsen sind. Die Stämme sind meist gekrümmt oder verdreht und im Vergleich zum mächtigen Wurzelstock unproportional dünn, aus dem sie oft mit mehreren Trieben sprießen. Ein Niederwald besteht aus Laubbäumen, v. a. ausschlagfreudige Arten wie Hasel, Linde oder Hainbuche, Nadelbäume sind außer der Eibe ungeeignet.

Das Gegen­teil des Niederwaldes ist der heute übliche Hochwald mit seinen gerade gewachsenen, i. d. R. eng beieinander stehenden Bäumen, die erst im schlagreifen Alter gefällt werden. Ein Mittelwald hat einzelne, gerade gewachsene großkronige Bäume, zwischen denen Niederwaldnutzung betrieben wird.

Niederwald Hagen-a.T.W. Ldkr. Osnabrück (Foto: Christian Wiegand)

 

Niederwald NSG Mastberg Ldkr. Hildesheim (Foto: Christian Wiegand)

 

Kulturgeschichte:

Niederwälder dienten v. a. zur Brennholzgewinnung und gehen auf vorgeschichtliche Zeit zurück. Dabei wurden die Triebe geschnitten, sobald sie etwa armdick waren. Im Gegensatz zu →Schneitel- bzw. Kopfbäumen fand dies direkt über der Wurzel statt („auf den Stock setzen“). Aus schlafenden Augen im Wurzelstock trieben die Bäume immer wieder aus. Besonders verbreitet waren Niederwälder schon im Mittelalter in der Nähe von Erzvorkommen, um das Holz in →Meilern zu Holzkohle zu verarbeiten. Die krumm gewachsenen Stämme fanden im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit auch beim Bau bauchiger Schiffsrümpfe Verwen­dung. In Bauernwäldern ist die Niederwaldwirtschaft bis in die Nachkriegszeit betrieben worden. Beim Mittelwald dient die Niederwaldschicht der Brenn­holzgewinnung, die Hochwaldschicht produziert Bauholz.

Vorkommen / Verbreitung:

Vor allem in Staatsforsten sind viele ehemalige Niederwälder in Hochwälder überführt worden, um gerade gewachsene Stämme als Nutz- und Bauholz zu produzieren. In Bauernwäldern sind Niederwälder als Relikte noch häufig zu finden. I. d. R. sind sie durchgewachsen, d. h. ihre krummen Triebe haben sich zu kräftigen Stämme entwickelt. Aktuell wird Niederwaldwirtschaft nur noch sehr selten betrieben.

Erfassung / Gesetzlicher Schutz:

Ehemalige oder aktuell genutzte Niederwälder mit typisch geformten Stämmen und Wurzeln sollten dem NHB gemeldet werden. Im Rahmen der Wald­funktionskartierung des Nds. Forstplanungsamtes können einzelne Nieder- und Mittelwälder bereits erfasst sein. Niederwälder ste­hen i. d. R. nicht aus kulturgeschichtlichen Gründen unter Naturschutz, können aber aufgrund ihrer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz als Landschafts- oder Naturschutzgebiet ausgewiesen sein.

Literaturtipps: 

Burrichter (1986), Küster (1998), Pott & Hüppe (1991)