Kuhle

Merkmale, Morphologie, Typologie:

Die Bezeichnung Kuhle dient hier als Sammelbegriff für Vertiefungen der Erdoberfläche, die durch obertägigen Abbau von mineralischen Rohstoffen entstanden sind; ausgenommen sind Vertiefungen durch Bergbautätigkeiten in Festgestein (→Pinge). Ihre Größe liegt zwischen wenigen Quadratmetern und vielen Hektaren (moderner Tagebau), ihre Tiefe kann 20 Meter und mehr betragen. Je nach Bodendurchlässigkeit und Grundwasserstand können Kuhlen nach Einstellung des Abbaus mit Wasser gefüllt sein (z. B. Ziegelteich, Baggersee).

Ehem. Tonkuhle, Ziegelei Ldkr. Celle (Foto: Florian Friedrich)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ehemalige Mergelgrube als Wildtränke, Neuenkirchen Ldkr. Heidekreis (Foto: Florian Friedrich)

 
 

Gemeinschaftliche Mergelgrube Ilhorn, Ldkr. Heidekreis (Foto: Florian Friedrich)

 
 

Privater Lehmstich Leverdingen, Ldkr. Heidekreis (Foto: Florian Friedrich)

 

Schinderkuhle Bergen, Ldkr. Celle (Foto: Florian Friedrich)

 

Sandkuhle Offensen, Ldkr. Celle (Foto: Florian Friedrich)

 

Sandkuhle für Eisenbahnbau (OHE) Sülze, Ldkr. Celle (Foto: Florian Friedrich)

 

Mergelkuhle, Gemeinde Neuschoo, Ldkr. Wittmund (Foto: Axel Heinze)

 

Sandwäsche, Neuhaus im Solling, Ldkr. Holzminden (Foto: Hilko Linnemann)

 

Kulturgeschichte:

Nach ihrer historischen Funktion unterscheidet man:

  • Ton- und Lehmkuhlen (Ziegelteiche, Pott- oder Püttjergruben): Lehm und Ton dienten bereits in vorgeschichtlicher Zeit zur Herstellung von Gefäßen, später zur Wandauskleidung von Fachwerkhäusern und seit dem 13. Jahrhundert auch zur Herstellung von Ziegeln. Gebrannt wurde in Meiler- und Feldbrandöfen (→Ofen), seit Mitte des 19. Jahrhunderts in ortsfesten →Ziegeleien.
  • Sandkuhlen: Sand wurde und wird v. a. als Baustoff verwendet. In der Landwirtschaft kam er auch bei der Durchmischung schwerer Tonböden zum Einsatz.
  • Mergelkuhlen: Mergel diente v. a. im 18. und 19. Jahrhundert zur Verbesserung landwirtschaftlicher Böden (Kalkung) und ist daher oft kleinflächig und in bäuerlicher Eigenregie abgebaut worden. Seit Erfindung des Portlandzementes Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden großflächige Mergelkuhlen.
  • Teerkuhlen waren vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb, oft in Schacht-form mit hölzernem Ausbau versteift und meist kleinflächig (siehe Abb.). Der Teer wurde durch Abschöpfen des auf dem Wasser schwimmenden Öls aus der Kuhle gewonnen und diente als Schmierstoff, Arznei und lmprägnierungsmittel für Holz. Ölhaltiger Abraum in der Nähe von Teerkuhlen bildet kleine, oft wenig bewachsene Wälle und Haufen. Die Teervorkommen waren Ausgangspunkte für die ersten gezielten Ölbohrungen in Niedersachsen (in Wietze ab 1859).
  • Kieselgurkuhlen: Aus Kieselgur wurde im 19. und 20. Jahrhundert v. a. Dynamit hergestellt, daneben Putz- und Wärmeisolationsmittel.
  • Raseneisensteinabbau: Raseneisenstein wurde von der Vorgeschichte bis ins 19. Jahrhundert zu Eisen verhüttet, außerdem fand er aufgrund seiner Härte als Baumaterial Ver­wendung. Vorkommen von Raseneisenstein sind i. d. R. sehr oberflächennah und dünnschichtig, so dass historische Abbaustellen kaum in der Landschaft zu erkennen sind.

Vorkommen / Verbreitung:

Ton-, Lehm- und Sand- und Mergelkuhlen sind in Niedersachsen weit verbreitet. Oberflächennaher Austritt von Teer beschränkt sich auf wenige Gebiete in den Räumen Celle, Peine, Braunschweig und das Emsland. Kieselgurabbau ist in Deutschland außer am Hohen Meißner in Hessen nur im Raum Bispingen-Munster-Unterlüß bekannt. Die Zentren niedersächsischer Raseneisensteingewinnung lagen im Emsland (Wietmarschen, Lingen, Meppen), in der Umgebung von Bad Bentheim und Oldenburg, im Wendland und im Raum Hannover-Celle.

Erfassung / Gesetzlicher Schutz:

Von den Denkmalbehörden werden historische Kuhlen i. d. R. nicht erfasst, wohl aber von den Naturschutzbehörden aufgrund ihrer Bedeutung als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Ihre kulturgeschichtliche Bedeutung bleibt dabei jedoch oft unbekannt. Daher sollten historische Kuhlen dem NHB gemeldet werden. Hinweise auf ihr Vorkommen gibt z. B. der Niedersächsische Lagerstättenatlas (NAfLS 1952).

Literaturtipps:

NAfLS (1952); speziell zu Raseneisenstein: Graupner (1982); zu Kieselgur: Grotjahn (1999) und Gemeinde Faßberg (1999); zu Teer: Hoffmann (1970).